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Natanaels Berufung

Erzählung nach Johannes 1,45-51
Vo
n Elfriede Demml, Dezember 2022

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Ich erzähle euch jetzt die Geschichte von einem der auch - so ähnlich wie ihr jetzt gerade -gesessen ist und über sein Leben nachgedacht hat.

Es ist ein junger Mann und er sitzt nicht wie ihr jetzt gerade bei kühlen Temperaturen in einer Kirchenbank. Dort wo er sitzt ist es heiß. Er ist in Israel in der Nähe des Jordans – einem Fluss in Israel – und weil es so heiß ist, sitzt er im Schatten eines Feigenbaumes, er spürt eine kühle Brise am Wasser auf seiner Haut. Die Äste des Baumes hängen weit herunter und so fühlt er sich geborgen wie in einem kleinen Zelt hier im Schatten des Feigenbaumes. Sein Name ist Natanael. Mitten in den Verpflichtungen seines Alltags hat er sich für eine kurze Zeit hierher unter den Feigenbaum zurückgezogen. Es ist Mittagszeit und er macht eine kurze Pause. Hier unter dem Feigenbaum ist er gut versteckt. Hier sieht ihn niemand und so beginnen seine Gedanken zu schweifen. Natanael hat große Träume. Er will nicht einfach nur arbeiten, um irgendwie überleben zu können. Er will etwas bewirken in dieser Welt. Und er hat eine große Sehnsucht. Er will nicht einfach nur eine Nummer sein unter vielen. Er wünscht sich gesehen zu werden, gesehen zu werden mit seinen Talenten. Ja, er glaubt, er ist dazu berufen, einen Unterschied in dieser Welt zu machen.

Wie er so unter dem Baum sitzt und träumt, kommen ihm aber auch Zweifel. Ob er das wohl kann, was er sich so schön ausmalt, ob da jemand ist, der ihm hilft, seine Talente zu entfalten, ob er überhaupt besondere Begabungen hat?

An die Arbeit!

Natanael wird aus seinen Gedanken gerissen. Die Pflicht ruft und er geht zurück an seine Arbeit. Später auf dem Nachhauseweg begegnet er seinem alten Freund Philippus. Der ist heute irgendwie ganz anders drauf als sonst. Voll aufgeregt läuft er ihm auf dem Schotterweg entgegen, dass hinter ihm die Staubwolken nur so aufsteigen. "Du musst mitkommen Natanael!" - "Mitkommen wohin?" - "Wir haben den gefunden, auf den wir gewartet haben, den, der diese Welt zum Positiven verwandeln wird." - "Aha, und wer soll das sein?" - "Jesus von Nazareth, er ist der Messias!" - Natanael wird immer skeptischer, hat sein Freund was geraucht oder was? "Aus Nazareth? Aus dem Kaff soll der Retter der Welt kommen? Und wenn schon, was soll der mit mir zu tun haben wollen?" - "Komm und sieh selbst." Natanael ist noch immer skeptisch, aber irgendwie ist in den Augen und in der Stimme von seinem Freund Philippus so eine Hoffnung, dass er nicht widerstehen kann und er geht mit. Es wird schon langsam dämrig, aber auf den Straßen des Dorfes sind noch viele Menschen unterwegs. Sie schlängeln sich durch. Und dann kommt er ihnen tatsächlich entgegen. Jesus von Nazareth. „Da ist er!“, ruft Philppus. Ihre Blicke treffen sich. Sie gehen aufeinander zu. Und noch bevor Nathanael sich vorstellen kann, sagt Jesus: "Du bist Natanael, ein Mann, an dem nichts falsch ist, ein Mann, der so einfach, ehrlich und offen ist." - "Was hat Philippus über mich erzählt?" Jesus schaut ihn an, wie ihn noch nie jemand angeschaut hat, als würde er ihm direkt in die Seele schauen. Aber es ist kein durchdringender Blick, sondern ein liebevoller. Und er sagt: "Nicht Philippus hat mir von dir erzählt. Schon bevor dich Philippus zu mir gerufen hat, habe ich dich unter dem Feigenbaum gesehen. In dem Augenblick als du gedacht hast, du bist ganz allein und einsam, da habe ich dich gesehen. Ich sehe deine Träume und deine Zweifel. Und ich sehe deine Sehnsucht, was zu bewirken in dieser Welt, einen Unterschied zu machen." Diese Worte treffen Natanael mitten ins Herz. Jemand, den er noch nie vorher begegnet ist, spricht seine tiefsten Gedanken aus und hat ihn wirklich in der Tiefe seines Herzen gesehen und erkannt, genau in einem Moment, wo er in Einsamkeit war, war Jesus offensichtlich da, ohne dass er es gemerkt hat. Und Natanael erkennt und bekennt: "Rabbi, Meister, du bist der Sohn Gottes, der ich bin da." Jesus lächelt verschmitzt und nickt und er ermutigt den Natanael: "Geh mit mir deinen Weg. Du wirst staunen und Dinge erleben, die du dir jetzt noch gar nicht erträumen kannst. Manchmal wird es sogar so sein, als würde sich der Himmel öffnen. Es wird Momente geben da wirst du spüren, dass sich jetzt gerade Himmel und Erde berühren."

 

Kurze Stille

Impulsfragen:

Ich lade dich ein, jetzt in einer kurzen Zeit der Stille darüber nachzudenken: Was berührt dich an der Geschichte aus dem Johannesevangelium? Was beschäftigt dich jetzt? Und aus dem, was dich gerade beschäftigt kannst du in deinem Herzen Bitten oder einen Dank formulieren und es in deinem Herzen Jesus sagen. Er ist da.

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Erzählt von Elfriede Demml beim Firmstart Gottesdienst am 17. Dezember 2022 in Graz-Schutzengel.

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