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Kindermund

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Letztens treffe ich ein etwa 11 jähriges Mädchen im Bus. Es ist sehr gesprächig und wir unterhalten uns immer wieder im Bus. Sie fragt: "Und wie geht's dir so?" Noch bevor ich antworten kann meint sie: "Muss gehen, oder?" Ich bin ganz perplex und antworte: "Nein, es geht mir schon gut! Und wie geht es dir? Ein Aufseufzen: "Ja, muss ja gehen.“ Solche Antworten kenne ich sonst nur von Erwachsenen und ich bin ein bisschen schockiert, dass schon ein Kind so resigniert antwortet. Doch einige Tage später wird, wieder bei einer Bus-Unterhaltung, noch eins draufgesetzt. Ein Junge, etwa 10 Jahre alt, der mich wohl von den Schulgottesdiensten kennt, begrüßt mich freudig. Ich erzähle ihm, dass am nächsten Tag in der Pfarre ein Spielenachmittag sei. Darauf der Junge: „Ich weiß noch nicht, ob ich das schaffe. Ich war an den letzten Wochenenden so viel unterwegs. Da bin ich froh, wenn ich mal meine Ruhe habe."

Dieser Satz hätte von mir stammen können. Aber ein Kind? Was muss im Leben eines Kindes alles los sein, dass es seine Ruhe dem Spielen mit anderen Kindern vorzieht? Was leben wir unseren Kindern eigentlich vor? Hat das Leben nicht mehr zu bieten, als dass man den Alltag mit seinen Pflichten halt irgendwie übersteht, weil man muss? Und dann, wenn man endlich mal ein bisschen Freiraum hat, muss man sich zurückziehen, weil man gar nicht mehr kann? Also ich sehne mich nach MEHR!

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Elfriede Demml (30), Pastoralassistentin im Pfarrverband Graz-Christkönig/Hl. Schutzengel, 12.12.2017

Erschienen in: Ausseerland Pfarrblatt, Jänner/Februar 2018

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