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Überrascht

 

Lebensmittel Sammlung für die Pfarrcaritas bei einem Supermarkt: Leute aus dem Sozialkreis der Pfarre bitten die Leute, die heute einkaufen gehen, haltbare Lebensmittel von ihrem Einkauf mitzubringen als Spende für arme Leute in der Gegend. Die Ministranten helfen tatkräftig mit. Sie machen aus der guten Aktion eine Challenge. Wer schafft es, mehr Leute anzusprechen und zu überzeugen, dass sie was mitbringen? Sie sind mit Feuereifer dabei. Die Leute reagieren unterschiedlich. Manche kennen uns schon und bringen gerne was mit. Andere ignorieren uns. Wieder andere schimpfen.

Plötzlich kommt ein Mann auf uns zu, den ich im ersten Augenblick eher als "Empfänger" unserer Sozialaktion einstufen würde und weniger als "Geber". Er hat kaum Zähne im Mund, sieht heruntergekommen und nach einem Drogenjunkie aus. "Ich gehe heute nicht einkaufen, aber ich möchte eure Aktion trotzdem unterstützen, denn ich finde gut, was ihr macht. Ich habe nicht viel...", er kramt in seiner Geldtasche und holt eine Zwei-Euro-Münze heraus, "... aber wenigstens das möchte ich euch geben."

Mich berührt diese Begegnung tief im Herzen. Sie erinnert mich an das Opfer der armen Witwe in Lukas 21,1-4: "Jesus blickte auf und sah, wie die Reichen ihre Gaben in den Opferkasten legten. Er sah aber auch eine arme Witwe, die dort zwei kleine Münzen hineinwarf. Da sagte er: Wahrhaftig, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr hineingeworfen als alle anderen. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hineingeworfen; diese Frau aber, der es am Nötigsten mangelt, hat ihren ganzen Lebensunterhalt hergegeben."

 

Elfriede Demml (34), Pastoralreferentin im Seelsorgeraum Graz-Südwest, Fronleichnam, 18.9.2021

Erschienen in: Steirisches Salzkammergut Pfarrblatt, November/Dezember 2021

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