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Halt!

 

Ich bin wieder einmal pilgernd mit drei Freunden unterwegs. Mein Elektrorollstuhl ist bepackt mit Rucksack, Tasche und obendrauf muss natürlich noch eine Gitarre Platz haben, damit der Lobpreis in unsere Pausen nicht zu kurz kommt. Wir genießen den Weg an der Traun entlang zwischen Gmunden und Linz, das gemeinsame auf dem Weg sein, aber auch die Zeiten der Stille, in denen einfach jeder seinen Gedanken nachhängt.

Als vor uns eine Brücke mit zwei Stufen auftaucht, sind meine Freunde gleich hoch motiviert dabei, das Gepäck vom Rollstuhl abzunehmen, um alles einzeln über die Brücke zu tragen. Immerhin haben wir am Tag zuvor mit sehr viel Geduld, Kraft und Ausdauer einen sehr steilen Schotterweg mit Geröll geschafft. Immer Hauruck 30 cm. So kann uns so schnell nichts mehr schocken. Schon haben sie mich aus dem Rollstuhl genommen und wir wollen erstmal zu Fuß über die Brücke gehen und dann wollen sie den Rollstuhl holen. Als ich einen großen Schritt auf die erste Stufe der Brücke setzen will gibt es mir kurz ein Stich im Rücken. Eigentlich kein Problem, aber plötzlich sperrt sich alles in mir, diese Brücke zu überqueren. Ich muss an die Geschichte vom Propheten Bileam und seinem Esel denken. Ein Engel des Herrn stellt sich in den Weg, weil Bileam in Gefahr ist, einen Fehler zu begehen. Der Esel sieht den Engel und bleibt stehen. Bileam, der den Engel nicht sieht, schlägt den Esel, weil dieser nicht weitergehen will (vgl. Numeri 22,21-34). Und plötzlich weiß ich, auch wenn es mir peinlich ist, ich muss den anderen sagen, dass ich diesen Weg nicht gehen will. Die anderen wundern sich zwar, wo denn auf einmal meine Abenteuerlust geblieben ist, aber es ist kein Problem für sie und so beschließen wir, uns für das nächste Wegstück zu trennen. Zwei gehen am Traunweg entlang und einer der Freunde und ich gehen einen kleinen Umweg an der Straße. Kaum haben wir uns 10 Minuten getrennt sehen wir riesige dunkle Wolkentürme (davor war noch strahlender Sonnenschein und auch die Wettervorhersage hat kein Gewitter gemeldet!). Es beginnt schon zu tröpfeln und zu stürmen und im letzten Moment, bevor es so richtig losgeht finden wir eine Baustelle, bei der noch kein Garagentor eingebaut ist. Wir flüchten uns ins letzte Eck des Kellers und harren der Dinge. Von unserem Schlupfwinkel aus sehen wir, wie der Sturm Äste herunter reißt und durch die Gegend peitscht, Wassermassen fließen. Wir beten, dass die anderen vor jeglichen Schäden bewahrt bleiben mögen.

Als wir die anderen beiden wieder treffen, sind sie patsch nass aber glücklich, dass ihnen nichts passiert ist. Sie erzählen, dass der Weg keinesfalls mit dem Rollstuhl passierbar gewesen wäre und dass wir wahrscheinlich den ganzen Weg zurückgehen hätten müssen.

Ich muss mal wieder staunen, wie eindeutig sich der Herr manchmal Gehör verschafft, wenn er merkt, dass wir im Begriff sind auf falsche gefährliche Wege abzubiegen. Möge er unser Gehör weiterhin schärfen, damit wir ihn auch wirklich richtig verstehen. Und möge er uns den Mut schenken, dann auch danach zu handeln.

 

Elfriede Demml (29), Pastoralassistentin im Pfarrverband Graz-Christkönig/Hl. Schutzengel, August 2016

Erschienen in: Ausseerland Pfarrblatt, November/Dezember 2016

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