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Begegnung im Bus

 

Auch wenn sich mein Herz immer wieder sehr nach Stille sehnt, sind es dann doch oft sehr trubelige Orte, an denen mir Gott begegnet. Immer wieder kommt es vor, dass ich das Stundengebet im Bus bete, weil es sich gerade nicht anders machen lässt und dann beziehe ich heimlich die Menschen mit ein, die auch da sind. 
Heute hatte ich eine sehr schöne Begegnung im Bus: Mir ist die Maske heruntergerutscht und ich konnte sie allein nicht mehr rauf tun, wollte aber auch niemanden fragen, weil ich nicht wusste, ob es den Leuten unangenehm ist, in Zeiten wie diesen, so nahe zu kommen. So habe ich die Maske mit meiner Hand an mein Gesicht gehalten. Plötzlich ist ein junger Mann in schmutziger Arbeiterkleidung und mit riesen Kopfhörern von ganz hinten im Bus nach vorgekommen. Ich dachte, er wolle aussteigen, aber er ging schnurstracks auf mich zu, hat ohne ein Wort zu sagen meine Maske wieder auf meine Ohren getan und ist ebenso schnell wieder gegangen, wie gekommen. Ich konnte ihm nur noch „danke“ hinterherrufen. Mich hat das sehr berührt, einerseits die Aufmerksamkeit, mit der er offensichtlich durch den Alltag geht und andererseits, seinen Mut, das zu tun, was notwendig ist, ohne zu fragen, ob er damit vielleicht Grenzen überschreitet. In solchen Situationen muss ich immer an das Wort Jesu denken: "Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört - Amen, ich sage euch: Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen." (Markus 9,41) Und ich sage Jesus, er soll es den Menschen reich vergelten, dass sie mir geholfen haben, auch wenn er nicht wussten, dass ich „zu IHM gehöre“. Auf diese Weise hoffe ich, "heimlich" viele mit hineinzuziehen, in die Liebe Gottes.

 

Elfriede Demml (34), Pastoralreferentin im Seelsorgeraum Graz-Südwest, Fronleichnam, 3.6.2021

Erschienen in: Steirisches Salzkammergut Pfarrblatt, September/Oktober 2021

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