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Mit Dreck und Makel

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Einleitung – Es könnte peinlich werden
Wahrscheinlich bin ich so ziemlich die einzige, die regelmäßig das Privileg hat, dass ihr die Füße gewaschen werden – und das mit Hingabe.
Aber ich traue mir eine Wette einzugehen, dass fast alle, die am Gründonnerstag in der Liturgie die Füße gewaschen bekommen, sich vorher schon selbst gründlich die Füße gewaschen haben und vielleicht sogar sicherheitshalber zur Pediküre gegangen sind, um nur ja nicht peinlich aufzufallen.
Da sind wir in ganz guter Gesellschaft. Auch Petrus war es äußerst peinlich, dass sein Herr und Meister ihm die Füße waschen soll, die schon den ganzen Tag durch Dreck und Staub gegangen sind und bestimmt nicht sonderlich gut riechen. Aber die Antwort Jesu ist klar und unmissverständlich: Wenn du dich mir nicht zumutest mit deinem ganzen Dreck (gemeint ist natürlich der innere und der äußere Schmutz) kannst du nicht zu mir gehören.


Jesus will, dass wir uns ihm zumuten
Jesus nimmt uns mit Dreck und Makel. Mit geschwollenen Füßen, mit offenen Füßen, mit eitrigen Füßen, mit Fersensporn, mit Fußpilz und so weiter. Und am liebsten hat er Füße, die auf Abwegen waren.


... damit auch wir so handeln
Die Frage ist, nehmen wir uns gegenseitig auch so? Jesus sagt ausdrücklich ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.
Und, wenn ich noch mal von mir selbst erzählen darf, es ist heilsam, wenn man spürt, dass jemand das gerne macht und sich nicht ekelt. Bzw. wenn er sich doch mal ekelt, das mit Humor nimmt und sagt: Das werden wir schon hinbekommen.
Den anderen mit all seinen Schwächen und Makel annehmen heißt nämlich nicht, es soll so bleiben wie es ist. Es heißt, ich begleite dich auf dem Weg der Reinigung, der Reifung und Heilung.


Jesus gibt alles dafür, selbst sein Leben.
Alles schön und gut, können wir da sagen. Er ist schließlich Gottes Sohn. Aber schon ganz schön steil, dass er eine derartige Hingabe auch von uns ganz normalen Menschen verlangt. Genau genommen ist es eine Überforderung. Oder?
Wahrscheinlich gehen wir alle unterschiedlich mit diesem Auftrag um. Aber mir persönlich geht es oft so, dass ich mir denke, ja, das muss ich jetzt annehmen. Ich muss dem oder derjenigen helfen, ihm ewig lang zuhören oder mit ihr ihr teilen, denn sie brauchen es und es ist ja mein Auftrag als Christin mich für andere hinzugeben. Aber ganz oft ist das dann so, dass ich mich selber bemitleide, weil ich dieses Opfer jetzt auf mich nehmen muss. Aber auch da ist mir Jesus in letzter Zeit ein Lehrmeister gewesen. Wie geht er mit seiner Hingabe um? Er benimmt sich jedenfalls nicht als armes Opfer, sondern weiß in jeder Situation seiner Hingabe um seinen Wert und seine Würde. Ihr nennt mich Herr und Meister und ihr nennt mich mit Recht so, denn ICH BIN ES sagt er. Ein paar Stunden später bei der Gefangennahme spricht er wieder ICH BIN ES und darin liegt so viel Kraft, dass die Soldaten sogar umfallen. ICH BIN DER ICH BIN. Im Namen Gottes steckt Kraft. Auch wenn er sich zugleich den Menschen ausliefert.
Und wir, wir gehören zu ihm. Wir sind Königskinder. Wir haben Autorität und genau aus dieser Autorität und Würde heraus können wir dienen ohne dass uns ein Zacken aus der Krone fällt. Von dieser Einstellung können wir nicht nur durch eigene Anstrengung durchdrungen werden. Wenn wir das aus uns heraus versuchen, werden wir früher oder später entweder verbittern oder stolz werden.


Hinein verwandelt in den Leib Christi
In die Haltung Jesu dürfen wir uns hinein verwandeln lassen. Du bist was du isst sagt ein Sprichwort. Ich glaube uns darf wieder neu bewusst werden, dass das nirgends so sehr gilt, wie bei der Eucharistie. Seht was ihr seid und werdet was ihr seht. Leib Christi.


Bist du bereit?
Bist du bereit, dich hinein verwandeln zu lassen in den Leib Christi?
Bist du bereit ihm deine Füße, die auf Abwegen waren und voller Schönheitsfehler sind hin zuhalten?
Bist du bereit, ihm dein Herz voller Gebrochenheit und dein unvollkommenes Leben zu schenken?
Heute wäre eine gute Gelegenheit sich wieder neu dafür zu entscheiden.


Elfriede Demml (32), Pastoralassistentin Graz, 18.04.2019
Predigt vom Gründonnerstag & erschienen
 in: Loretto Graz Newsletter, Ostern 2019

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