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Versuchung Jesu in der Wüste

Erzählung nach Matthäus 4,1-11
Vo
n Elfriede Demml, Februar 2023

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Wir stehen am Beginn der Fastenzeit. Und ich erzähle euch jetzt die Geschichte von der wahrscheinlich intensivsten Fastenerfahrung, die Jesus in seinem Leben hier auf der Erde gemacht hat. Sie ist uns im Matthäusevangelium Kapitel 4 überliefert. Jesus ist etwa 30 Jahre alt und er hat gerade ein besonderes Erlebnis hinter sich:

Er steht mit vielen anderen Menschen am Jordan – einem Fluss in Israel – und wartet. Er blickt um sich und sieht Menschen, bei denen im Leben schon viel schief gelaufen ist. Sie alle wollen ein neues Leben beginnen und sich von Johannes im Jordan Fluss taufen lassen. Genauso wie alle anderen wartet Jesus, im Fluss unterzutauchen und ganz neu wieder aufzutauchen …  Er will einer von ihnen sein. Und trotzdem passiert bei dieser Taufe etwas, das zeigt, dass er einen ganz besonderen Auftrag hat. Gerade als Jesus von Johannes dem Täufer im Fluss untergetaucht und wieder aus dem Wasser gehoben wird ist es, als würde sich der Himmel öffnen. Manche hören es wie einen Donner, andere hören in diesem Donner ganz deutlich eine Stimme: "Das ist mein geliebter Sohn." Und wie eine Bestätigung von Jesu Auftrag, kommt eine Taube vom Himmel auf ihn herab. Die Menschen um ihn herum sind ganz verwirrt und trauen ihren Augen nicht. Eine junge Frau ist die Erste, die schließlich das alles in Worte fassen kann: „Das kann nur ein Zeichen für den guten Geist Gottes sein. Ich spüre Frieden und große Freude, die von Jesus ausgehen.“

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Dieses Ereignis liegt also gerade hinter Jesus. Er ist noch ganz erfüllt von diesem Frieden und dieser Freude und dieser gute Geist Gottes, führt ihn jetzt in die Wüste. Gerade war er noch mitten in einer großen Menschenmenge, aber jetzt zieht es ihn in die Einsamkeit und Stille. In der Wüste ist weit und breit nichts außer Gestein und Sand. Tagsüber ist kaum Schatten zu finden, um sich vor der glühenden Sonne zu bergen. Und nachts, ja nachts breitet sich ein wunderschöner Sternenhimmel aus, der erahnen lässt, was Gott, unser Schöpfer für ein wunderbarer Künstler ist. Gleichzeitig ist es aber auch bitterkalt. Der Tau, der sich morgens gebildet hat von der Kälte, gibt Jesus wenigstens ein kleines bisschen zu trinken. Die paar Tropfen helfen ihm, dann wieder die Hitze des Tages zu überstehen. Nahrung findet er in der Wüste keine. Manchmal kommt ihm der Gedanke, warum er sich das eigentlich antut und gleichzeitig merkt er trotzdem, dass er hier in der Einsamkeit der Wüste auf seinen besonderen Auftrag vorbereitet wird. In seinem Herzen klingt noch die Stimme seines Vaters nach: "Dies ist mein geliebter Sohn.“ Das ist es, was ihm Kraft gibt, jeden Tag neu den Tag in der Wüste zu überstehen. Aber nach 40 Tagen wird es doch langsam grenzwertig. Ein menschlicher Körper kann erstaunlich lange ohne oder mit nur einem kleinen bisschen Nahrung auskommen, aber irgendwann geht es einfach nicht mehr. Jesus ist hungrig und matt von den Strapazen der Wüste. Und da, da kommt ihm nach 40 Tagen das erste Mal jemand entgegen. Jesus ist schon schwach und setzt sich auf einen Stein und wartet, wer da auf ihn zukommt. Die Person kommt näher und setzt sich neben ihn auf den Stein. "Nichts als Steine weit und breit", meint der Fremde und schaut sich um. "Wenn das Brot wäre, hätten wir mehr davon." - "Ja, das stimmt wohl", stöhnt Jesus. Der Fremde wirft ihm einen prüfenden Blick zu. "Du bist doch Gottes Sohn, habe ich gehört. Wenn das wirklich stimmt, was man über dich sagt, dann ist das doch für dich ein Klacks, den Steinen zu befehlen, sich zu Brot zu verwandeln. Zeig mir doch, dass du wirklich Gottes Sohn bist." Jesus fühlt sich hin- und hergerissen. Ja, es ist sein tiefster Wunsch, dass er erkannt wird als der Sohn Gottes und vor allem, ist es seine Sehnsucht, dass durch ihn die Menschen Gott kennenlernen, so wie er wirklich ist, seine Liebe und Treue. Und ja Brot wäre jetzt wirklich nach dieser langen Zeit der Entbehrung ein Hit. Aber dieser prüfende und begierige Blick seines Gegenübers gefällt ihm nicht. Und er hört wieder diese Stimme in seinem Herzen: 'Dies ist mein geliebter Sohn.' Ja, dieses Wort war seine Nahrung in den letzten 40 Tagen, es hat ihm Kraft gegeben, durchzuhalten. Und so sagt er: "Brot ist gut, aber der Mensch lebt nicht von Brot allein, sondern von jedem ermutigenden Wort, das aus Gottes Mund kommt."
Ganz scheint diese Antwort seinem Gegenüber nicht zu passen, aber dieser gibt sich große Mühe, sich seinen Unmut nicht anmerken zu lassen und sagt: "Komm mal mit, ich will dir was zeigen." Und wie im Flug sind sie plötzlich nicht mehr in der Wüste, sondern wieder mitten in der Stadt. Sie stehen oben auf dem Tempel von Jerusalem und schauen hinab auf das getümmel der Menschen. Wieder dieser prüfende Blick des Fremden: "Wenn du wirklich Gottes Sohn bist, dann stürz dich doch hinab in die Menge. In der Bibel heißt es, Gott befiehlt seinen Engeln, dich aufzufangen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt." Die Gedanken von Jesus schwirren nur so in seinem Kopf herum. 'Ja, es würde bestimmt Aufsehen erregen, wenn ich mich da hinunterstürzen würde und doch nicht verletzt werden würde, weil ich von den Engeln getragen bin. Jeder würde sehen, dass ich etwas Besonderes bin. Aber ich will Gottes Macht nicht für mich einsetzen, dass ICH gut da stehe. Seine Macht soll für die Menschen eingesetzt werden, die in großer Not sind.' Und so antwortet Jesus dem Fremden: "Ja, Gott rettet den, der in Not ist. Aber es heißt in der Schrift auch, du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen."
Langsam beginnt Wut in den Augen des Fremden zu funkeln, aber in gezwungener Freundlichkeit sagt er: "Komm mit, ich will dir noch etwas zeigen." Und schon sind sie auf einem hohen Berg mit einer traumhaften Aussicht auf das ganze Land. 'So schön, was mein Vater alles geschaffen hat', denkt sich Jesus. Auch der Fremde meint: "Schön, oder?" Jesus nickt. "Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest." - "Du bist sehr gut darin, alles zu verdrehen. Du bist der Durcheinanderbringer, der Diabolos. Du tust so, als wärst du es, der Länder und Reiche zu vergeben hat. Du tust so, als wärst du der Herr über all das, aber nur einer ist der Herr vor den wir uns niederwerfen dürfen und den wir anbeten, weil er unser Schöpfer ist, der alles in der Hand hat. Es ist Gott. Nicht du." Wütend, dass er erkannt wurde und bei seinem Namen Diabolos, Teufel, genannt wurde, stampft er mit dem Fuß und läuft davon. Und in dem Augenblick ändert sich die Atmosphäre. Plötzlich kann Jesus wieder tief durchatmen, steht nicht mehr unter diesen prüfenden Blick, sondern unter dem liebevollen Blick seines Vaters, der ihm durch seine Engel alles gibt, was er zum Leben braucht.

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Erzählt von Elfriede Demml u.a. beim Frauenfrühstück zum Thema „ein hörendes Herz“ am 17. Februar 2023 in Graz-Christkönig und beim online Firmlingsgottesdienst für den Seelsorgeraum Graz-Südwest am 26. Februar 2023.

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Impulsfragen 

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Für Jugendliche:

Was gibt mir neue Kraft, wenn ich mich erschöpft fühle?

Wann fühle ich mich in die Enge getrieben? Wie komme ich da wieder heraus?

Wo bin ich schon mal falschen Versprechungen auf den Leim gegangen?
 

Erwachsene:

Was hilft mir, diese Stimme Gottes zu hören, die mir neue Kraft gibt, wenn ich erschöpft bin?

An welchen Orten/in welchen Situationen kann ich Gottes Stimme besonders wahrnehmen? Wo vermisse ich sie?

Wie kann ich in Bedrängnis bewusst Raum für Gottes Stimme schaffen?

Woran erkenne ich Gottes Stimme? Was unterscheidet sie von den vielen anderen Stimmen um mich herum?

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