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Himmlisches Management

 

Gerade hat meine Assistentin das Haus verlassen, da fällt mir mein Handy runter. Und genau an diesem Tag habe ich Telefondienst. Was tun? Es bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als abzuwarten bis in ein paar Stunden die nächste Assistentin kommt und mir das Handy wieder aufhebt, denn vom Rollstuhl aus schaffe ich das nicht. Ich setze mich an den PC und beginne zu arbeiten. Es sind kaum fünf Minuten vergangen, da schaut eine andere Assistentin beim Fenster rein. Ich öffne dir die Tür und rufe: "Du bist mein Engel, mein Handy ist mir runtergefallen." Sie hebt es auf und er-zählt mir, dass sie auch aufgrund eines Missgeschicks bei mir ist. Sie habe nämlich die Jause für ihre Tochter zu Hause vergessen, und da der Kindergarten direkt neben meiner Wohnung ist, wollte sie mich fragen, ob sie vielleicht von mir eine Jause nehmen könnte. Sehr gerne! Ich bin mal wieder sehr begeistert, dass Gott unsere Missgeschicke so einteilt, dass wir uns gegenseitig helfen können und er darin seine Sorge für uns offenbart.
Seit ein paar Tagen begleitet mich ein Wort aus Psalm 23: "Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde." Früher habe ich da achtlos drüber gelesen. Aber jetzt hat dieses Wort eine ganz neue Bedeutung für mich bekommen: Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde. Das heißt, die Feinde, also im übertragenen Sinne Herausforderungen, Bedrängnis, Sorgen und so weiter, sind da. Aber mitten darin, bekomme ich das, was ich zum Leben brauche. Und zwar nicht nur zum "irgendwie Überleben" sondern für ein gutes Leben. Die Gefahr besteht nun natürlich darin, dass ich vor lauter Angst vor den Feinden gar keinen Appetit mehr habe, das zu essen, was mir da serviert wird. Aber ich möchte immer mehr lernen, mich auf die köstlichen Speisen, also das was mir geschenkt wird, zu konzentrieren und mich nicht von den Feinden, den Sorgen meines Alltags, niederdrücken zulassen.

 

Elfriede Demml (34), Pastoralreferentin im Seelsorgeraum Graz-Südwest, 20.1.2021

Erschienen in: Steirisches Salzkammergut Pfarrblatt, März/April 2021

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