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Antwort vom Himmel

 

„Die dem Herrn am nächsten sein wollen, sind auch dem Kreuz am nächsten“, habe ich kürzlich gehört. Darüber muss ich nachgrübeln, während ich im Bus nachhause sitze. Ich glaube das stimmt, aber was bewegt uns dazu, trotzdem bei ihm zu bleiben? Ja stimmt, wir können trotz Kreuz gelassen durchs Leben gehen, denn er sorgt für uns. Aber trotzdem… Solche und ähnliche Gedanken gehen mir durch den Kopf. An meiner Bushaltestelle angekommen, klappt mir der Busfahrer die Rollstuhlrampe heraus und ich lande sozusagen wieder auf dem Boden der Tatsachen. Nun sind es nicht mehr theologische Gedanken, die in meinem Kopf herumschwirren, sondern vielmehr beschäftigt mich die Tatsache, dass ich kein Gemüse mehr zuhause habe. Soll ich jetzt noch einkaufen gehen? Noch während ich grüble, muss ich mit meinem Rollstuhl eine Vollbremsung hinlegen. Was liegt vor mir auf dem Gehsteig? Eine noch frisch verpackte Gurke! „Wow! Wirfst du seit neuestem Gurken vom Himmel, Gott? DANKE!!“ Nun muss ich nur noch jemanden finden, der sie mir aufhebt. Ich schaue mich um und tatsächlich dort drüben geht ein Mann. „Entschuldigung, könnten Sie mir kurz helfen?“ Der Mann eilt herbei. „Könnten Sie mir bitte die Gurke aufheben?“ – „Oh, haben Sie diese verloren?“ – „Nein, aber gefunden! Und ich habe gerade darüber nachgedacht, dass ich kein Gemüse mehr zuhause habe!“, erzähle ich begeistert. „So kann‘s gehen“, meint er und legt mir lachend die Gurke in den Schoß. Zuhause angekommen, stürze ich zur Tür herein und rufe meiner Freundin zu „Schau, wir haben eine Gurke vom lieben Gott geschenkt bekommen!“ – „Von wem?!“ – „Na, vom lieben Gott natürlich!“ – „Aha…“

Einen Tag darauf feiern wir den Festtag der kleinen Therese von Liesieux. Es regnet. „Kleine Therese, ich weiß, du willst deinen Himmel damit verbringen, Rosen auf die Erde regnen zu lassen, aber könntest du dich jetzt bitte darum kümmern, dass es nicht regnet? Ich würde so gern an deinem Festtag in die Messe gehen und mit dir gemeinsam unseren Herrn und Bräutigam preisen. Das kann ich aber nur, wenn es nicht regnet, denn es ist keiner da, der mich Wetter fest anzieht.“ Ich gehe an mein Tagewerk und schiele immer wieder zum Fenster hinaus. An der Wetterlage ändert sich nicht viel. „Kleine Therese, 1 Stunde hast du noch!“ Es ist Zeit zu gehen und das Wetter ist -trocken! „Danke, kleinen Therese!“ Voller Freude fahre ich in die Innenstadt zum Gottesdienst. Ich biege in den Innenhof ein und jauchzte. Ich bin trocken gelandet und ich bin hier und darf in die Messe gehen! Ich lobe also gemeinsam mit der kleinen Therese und alle anderen Mitfeiernden unseren Herrn und fahre danach erfüllt zurück nachhause. Ein paar 100 m bevor ich an meine Wohnungstür ankomme, beginnt es leicht zu tröpfeln. „Danke Gott, für deine Antworten vom Himmel! Nun weiß ich wieder, warum ich mein Kreuz auf mich nehme, um dir nahe zu sein!“

 

Elfriede Demml (27), Oktober 2014

 

Erschienen in: Die Tagespost, 08.11.2014


 

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