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Der Kirche ein Gesicht geben

 

Ich stehe gedankenverloren an einer Bushaltestelle. Plötzlich kommt ein etwa zwölfjähriges Mädchen auf mich zu: „Sie sind von der Kirche, oder?“ Etwas verdattert und verwundert über diese Frage aus dem Mund eines Schulmädchens antworte ich: „Ja, woher kennst du mich? Vom Schulgottesdienst?“ Ein Nicken. Wir wechseln ein paar Worte und dann geht das Mädchen zurück zu ihren Freundinnen. Es war kein tiefsinniges Gespräch, das wir geführt haben, aber ich muss noch lange darüber nachdenken. Ich bin von der Kirche. Nicht nur im Schulgottesdienst oder im Bibelkreis. Ich bin von der Kirche, egal wo ich bin, egal ob ich gerade Dienst habe oder nicht. Ich gebe als Christ der Kirche ein Gesicht. Immer. Im ersten Moment freue ich mich darüber. Aber dann muss ich schaudern, als mir die Verantwortung bewusst wird, die ich, die wir alle, tragen. Fast schon will mich der Gedanke daran bedrücken. Doch dann merke ich, aus mir heraus kann und muss ich der Kirche kein schönes Gesicht geben. Es wäre auch anmaßend, zu glauben ich könnte es. Ich merke, ER muss mich verwandeln, ER muss mich durchdringen, mein Leben, meinen Leib, meinen Alltag. Nur so kann ich seiner Kirche, seinen Leib, seiner Braut ein Gesicht geben, das von ihm und seiner Liebe Zeugnis gibt. So von ihm erfüllt kann und will ich dann vielleicht auch gar nicht mehr „außer Dienst“ sein. „Herr, durchdringe mich, durchdringe uns ganz. Alle Bereiche unseres Lebens.“

 

Elfriede Demml (27), Pastoralpraktikantin im Pfarrverband Graz-Liebenau, November 2014

 

Erschienen in: Ausseerland Pfarrblatt, Dezember 2014


 

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