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Stecken geblieben

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Meine Mama und ich sind auf dem Weg zur Kirche. Kurz vor dem Ziel geht es noch mal bergauf und ich bleibe mit meinem Elektrorollstuhl im Schnee stecken. Viele wollen uns zu Hilfe eilen und meinen Rollstuhl rausziehen. Aber er ist zu schwer. 
Ich bin an diesem Tag Lektorin und so sage ich zu meiner Mama. "Wir müssen zu Fuß weitergehen." - "Aber wir können den Rollstuhl doch nicht einfach hier stehen lassen!“ - "Doch, wir haben keine Zeit zu verlieren. Die warten auf mich.“ So nimmt sie mich aus dem Rollstuhl, wo ich eigentlich gut verpackt gewesen wäre gegen die Kälte, und führt mich zu Fuß weiter. Ganz außer Atem kommen wir gerade noch rechtzeitig in der Kirche an. 
Als das Pfauchen und Schnaufen in mir stiller wird, höre ich wieder diese leise Stimme: "Hast du es gecheckt, Elfriede?" Ja, ich habe es gecheckt. Hinter dem Ereignis steckt mehr als ein dummes Missgeschick. Es kann mir ein Gleichnis sein. Wir dürfen dankbar sein für alles, was uns geschenkt ist, solange es uns auf dem Weg zum Herrn weiterhilft. Aber wenn es uns aufhält, müssen wir es ohne Zögern zurücklassen. Möge es noch so wertvoll sein und uns am Herzen liegen.

 

Elfriede Demml (31), Pastoralassistentin in Graz, 31.12.2018

Erschienen in: Die Tagespost, 17.1.2019

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