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Erlösung wozu?!

Von der fast schon frechen Freiheit der Kinder Gottes

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Wenn ich nun von erlösten Menschen spreche, hat bestimmt jeder und jede von Ihnen ein bestimmtes Bild vor Augen, wie so ein erlöster Mensch auszusehen hat und wie es ihm geht.

Ich erzähle mal, in welchen Situationen ich merke, dass ich erlöst bin:

Ich weiß dass ich erlöst bin, wenn ich trotz objektivem Druck, diesen Druck nicht weitergeben muss. Ein konkretes Beispiel: immer wieder bekomme ich kurzfristig einen Anruf, von einer meiner Assistentinnen, die mich aufgrund meiner Behinderung im Alltag unterstützen, dass sie krank ist. Wer bringt mich heute Abend ins Bett? Wer geht mit mir aufs Klo? Eine ziemlich dringende Angelegenheit. Aber nachdem ich in der Gewissheit lebe, dass Gott es ist, der mich in diese Situation hinein gestellt hat, darf ich auch die Gewissheit haben, dass er sich um mich kümmert. Er wird dafür sorgen, dass ich jemanden finde und die Nacht nicht im Rollstuhl verbringen muss. :-) Diese Gewissheit gibt mir auch noch die ungehörige Gelassenheit (die ganz gewiss nur von IHM kommen kann!), dass ich die Freiheit der Kinder Gottes auch an die Leute weiter schenken kann, die ich um Hilfe bitte: „Ich bräuchte jemanden, der mich heute Abend ins Bett bringt. Es wäre super, wenn du das machen könntest. Aber wenn es bei dir nicht so gut passt, ist das überhaupt kein Problem, dann finde ich jemand anderen.“ – Und wie ihr wahrscheinlich leicht erraten könnt, ich habe noch nie die Nacht im Rollstuhl verbracht. Und ich habe auch nicht vor, es in Zukunft zu tun. :-)

Ich weiß, dass ich erlöst bin, wenn ich wütend bin und ich es schaffe, mich nicht in diese Wut zu verstricken und mich von ihr gefangen nehmen zu lassen, sondern wenn ich diese Wut dem Herrn hinlegen kann. Allein das Wissen, dass er meine Wut ernst nimmt, dass sie da sein darf, schenkt mir wieder inneren Frieden. Vielleicht schaffe ich es dann sogar, auf den Menschen, der mich wütend gemacht hat zuzugehen, die Situation anzusprechen ohne ihm oder ihr Vorwürfe zu machen.

Ich weiß, dass ich erlöst bin, wenn ich keine Menschenfurcht habe und es mir schnurzegal ist, was andere über mich denken – zum Beispiel wenn ich auf Menschen zugehen kann, die von anderen eher ausgegrenzt werden.

Ich denke, diese Beispiele machen deutlich, was ich meine. Es ist die Freiheit der Kinder Gottes, in der wir als erlöste Menschen leben dürfen. Die Freiheit besteht in dem Fall nicht darin, dass wir tun und lassen dürfen, was wir wollen. Die Freiheit besteht darin, dass wir gar keine Lust mehr darauf haben, uns von Sünde, Machtgier, Sicherheitsdenken und dem Zwang, alles selbst im Griff haben zu müssen, gefangen nehmen zu lassen. Die Freiheit besteht darin, den Willen Gottes zu tun, koste es, was es wolle. Er holt uns nicht aus allen unseren Problemen heraus, aber er schenkt uns in all unseren Problemen eine unwiderstehliche Hoffnung, einen Frieden und eine Freude, die nur er uns schenken kann.

Und wie werden wir nun erlöst? Wahrscheinlich rechnen Sie damit, dass ich Ihnen empfehle, jeden Sonntag in die Messe zu gehen, gute Werke zu tun usw. Aber nein, es gibt noch etwas viel wichtigeres: wir müssen anerkennen, dass wir es von uns aus nicht schaffen, dass wir einen brauchen, der uns aus unseren Schlamassel heraus zieht, der die Ketten, die sich immer wieder um unser Herz legen, sprengt. Und dieser jemand ist Jesus, der extra vom Himmel herabgestiegen ist, der all unser Leid am eigenen Leib erfahren hat. Er wünscht sich nichts sehnlicher, als uns. Und ich meine damit wirklich uns als Ganzes mit allen Bereichen unseres Lebens. Er interessiert sich für jede Kleinigkeit, sogar für meine Haustüre, die gerade klemmt. Er will in einer echten Liebesbeziehung mit jedem einzelnen von uns leben. Geben Sie ihm die Chance. Ich verspreche Ihnen, Ihr Leben wird zu einem echten Abenteuer.

Falls Sie nun denken, ich sehe das alles etwas einseitig und sich aufregen über das, was ich da geschrieben habe, oder aber falls sie Sehnsucht bekommen haben nach diesem Leben in der Freiheit der Kinder Gottes, aber noch nicht so genau wissen, wie das geht: Haben Sie keine Scheu, schreiben Sie mir. Ich mache liebend gerne einen Spaziergang mit Ihnen und versuche gemeinsam mit Ihnen, diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

In freudiger Erwartung auf Ostern, dem Fest unserer Erlösung!

Ihre Elfriede Demml

 

Elfriede Demml (29), Pastoralassistentin im Pfarrverband Graz-Christkönig/Hl. Schutzengel, 5.2.2017

Erschienen in: Pfarrblatt Christkönig, März/April/Mai 2017

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