top of page

Beschenkt sein als Lebensstil


Impulsreihe von
Pastoralreferentin Elfriede Demml/Frühjahr 2021

​

Teil 4. Beschenkt sein als Lebensstil konkret

Mädchen staunt über Blumenwiese -Bild von Jill Wellington auf Pixabay

Beim letzten Mal haben wir damit geendet, für die Bereiche zu danken, wo wir uns als beschenkt erfahren und die Bereiche Gott hinzulegen, wo wir einen Mangel erfahren oder eine tiefe ungestillte Sehnsucht in uns ist. Was heißt jetzt aber beschenkt sein als Lebensstil ganz konkret? Wie kann das im Alltag ausschauen? Ich würde es mit folgenden drei Schlagworten umschreiben:

  • Etwas erwarten können

  • Etwas annehmen können

  • Etwas loslassen können

 

Etwas erwarten

 

Etwas erwarten heißt für mich, einen Wunsch klar zu formulieren, aber nicht gleich aufzugeben, wenn er nicht sofort in Erfüllung geht. Ich habe schon oft in meinem Leben erfahren, dass ich mir etwas gewünscht habe und einige Zeit später ist es in Erfüllung gegangen, ohne dass ich dazu beigetragen habe oder ohne dass ich überhaupt jemandem von diesem Wunsch erzählt habe. Ein kleines Beispiel: ich bin in der Kirche neben einem Mädchen gesessen, das einen schönen dicken Schal getragen hat und ich habe mir gedacht "Mei, so einen schönen Schal hätte ich auch gerne." Ich bin aber nicht gleich am nächsten Tag shoppen gegangen, ganz im Gegenteil, ich habe gar nicht mehr daran gedacht. Und ich glaube, es waren keine zwei Wochen später, da steht plötzlich meine Kollegin mit genau so einem Schal im Büro. Ich hatte weder Geburtstag noch gab es sonst einen Anlass. Aber sie hat diesen Schal gesehen und hat sich gedacht, sie kauft einen für sich und einen für mich. Einfach so. Wow! Das ist jetzt nur ein kleines Beispiel und mir ist bewusst, dass es viel existentiellere Wünsche gibt. Aber ich will damit aufzeigen, dass Gott selbst unsere kleinen Wünsche ernst nimmt.

​

Etwas annehmen

​

Ja, und dann geht es in einem Lebensstil des Beschenkt seins natürlich ganz konkret darum, zu lernen, Dinge anzunehmen. "Man muss den Menschen helfen Gutes zu tun", dieser Satz eines Freundes hilft mir immer wieder, Dinge oder Hilfen freudig anzunehmen. Und letztendlich geht es nicht nur darum „Dinge“ anzunehmen, sondern ganz konkret mich selber anzunehmen. Denn ich selbst bin ja schon das größte Geschenk, das mir selbst gemacht wurde. Nehme ich dieses Geschenk – mich selbst – an? Das ist eine wichtige Voraussetzung um dann auch wiederum mich selbst (hin)geben – schenken zu können.

 

Etwas loslassen

​

Auch wenn es nach einem Widerspruch in sich klingt: beschenkt sein hat auch viel mit loslassen zu tun. Nur leere Hände können ein Geschenk entgegennehmen.

​

Loslassen, wenn die Wünsche nicht genauso in Erfüllung gehen, wie ich es mir gedacht habe. Wenn ich z.B. beginne, Klamotten zu tragen, die andere nicht mehr brauchen, dann entspricht das vielleicht nicht immer ganz genau meinem Geschmack, aber ich erfahre mich als beschenkt und denke jedes Mal an die Person, wenn ich die Sachen trage. Und ich tue damit auch der Umwelt was Gutes.

Wieder betrifft das natürlich auch existentiellere Wünsche: ich habe mir z.B. immer Ehe und Familie gewünscht. Und ich kann euch versichern, es war ein harter Kampf, aber Gott hat mich sehr erfolgreich um den Finger gewickelt. Er hat meine tiefsten Sehnsüchte besser deuten können als ich und ich freue mich jeden Tag darüber, gottgeweihte Jungfrau zu sein.

Dieses Beispiel zeigt, dass es zwar oft so scheint, als würde Gott uns eher Dinge wegnehmen als geben, aber er nimmt nur, damit wir frei sind und er sich uns noch mehr schenken kann.

​

Wenn man sich selbst als beschenkt erfährt, liebt man es auch, andere zu beschenken. So gehört zu diesem Lebensstil für mich auch, dass ich Dinge, die ich selbst nicht mehr brauche oder im Überfluss habe, loslasse und anderen schenke, die sie dringender brauchen. Das muss nicht nur Materielles sein, das kann auch eine Fähigkeit sein, die ich anderen zur Verfügung stelle oder einfach Zeit, die ich anderen schenke. Das ist heutzutage wohl eines der wertvollsten Geschenke.

​

Und auch, wenn das jetzt sehr herausfordern wird, genau mit diesem brennenden Thema abzuschließen: dieses Beschenkt sein und Loslassen hat auch ganz viel mit unserem Umgang mit Geld zu tun. In der Bibel wird an vielen Stellen davon gesprochen, dass wir als Zeichen dafür, dass wir eigentlich alles von Gott geschenkt bekommen haben, ihm 10% davon zurückgeben sollen. "Bringt den ganzen Zehnten ins Vorratshaus, damit in meinem Haus Nahrung vorhanden ist. Ja, stellt mich auf die Probe damit, spricht der Herr der Heere, und wartet, ob ich euch dann nicht / die Schleusen des Himmels öffne und Segen im Übermaß auf euch herabschütte" (Maleachi 3,10). Soweit ich weiß, ist das die einzige Stelle, in der uns Gott dezidiert auffordert, ihn auf die Probe zu stellen. Also probiert es mal aus. Es müssen ja nicht gleich 10% sein. Aber du wirst sehen, die Schleusen des Himmels werden sich öffnen und du wirst einmal mehr erfahren, wie sehr du beschenkt bist.

 

Danke, dass du dich auf diesen Weg des Beschenkt seins eingelassen hast. Ich hoffe, du kannst es gut auf dein Leben übertragen und wünsche dir viele schöne Überraschungen, wenn du mit offenem Herzen und offenen Händen durch die Welt gehst.

Sei gesegnet!

​

Elfriede Demml, Frühjahr 2021

bottom of page