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Nicht nur 99

 

Ein großer Fernverkehrsbahnhof wird plötzlich stillgelegt. Es darf kein Zug mehr ein- noch ausfahren. Die Menschen auf den Bahnsteigen werden nervös. Was ist hier los? Ich muss weiter! Anders vier Gestalten am Ende des Bahnsteigs. Zwei Polizisten und zwei Sicherheitsbeamte der Bahn blicken in die scheinbar unendliche Ferne der Bahnstrecke und warten auf ihren Einsatz. Nun scheinen sie das Startkommando „von oben“ erhalten zu haben, denn die beiden Sicherheitsbeamten betreten die Gleise und machen sich auf den Weg. Wohin? Sie machen sich auf den Weg zu drei kleinen, höchstens fünfjährigen Kindern, die in der Ferne am Gleis spielen und wohl nicht ahnen, in welcher Gefahr sie sind.
 

Wenige Minuten später, werden die Kinder an der Hand der Polizisten und am starken Arm eines Sicherheitsbeamten wohlbehalten in den Bahnhof und im Anschluss nach Hause gebracht. Doch noch lange Zeit später ist die Durchsage zu hören, dass es aufgrund eines Polizeieinsatzes zu Verzögerungen kommt.

Tja, da wurden wohl nicht nur neunundneunzig Schafe zurückgelassen und mussten sich gedulden, bis die drei kleinen verirrten Schäfchen in Sicherheit waren, denke ich und beobachte lächelnd die „guten Hirten“ mit den verdatterten „Schäfchen“ am Arm.
 

Elfriede Demml (27), Praktikantin in der Klinikseelsorge Murnau, Juli 2014

 

Erschienen in: Die Tagespost, Juli 2014

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