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Rotlicht in marianischem Blau


Mein „geheimes Missionsgebiet“: Die Bordelle dieser Stadt, besonders jene, an denen ich so oft vorbeifahre. Oft steige ich extra aus dem Bus aus, um davor zu beten. Ich bitte den Heiligen Erzengel Michael, sich in die Tür zu stellen und die Männer davon abzuhalten hineinzuge-hen – „mindestens einen heute!“ Und ich bitte ihn, die Plakate mit seinen Flügeln zu bedecken, damit einerseits die Frauen, die darauf zu sehen sind, ihre Würde bewahren, und andererseits die Männer nicht verführt werden. Und ich bitte Gott, seinen Heiligen Geist zu senden und die Herzen aller Beteiligten zu reinigen und zu heilen und besonders die Verantwortungsträger zu berühren und zu bekehren:
„Herr, du kennst meinen Wunsch, dazu beizutragen, dass die Liebe zwischen Mann und Frau in ihrer vollen Schönheit gelebt und auf dich hin durchsichtig wird. Du hast mich gerufen, ganz dir zu gehören und ein lebendiges Zeichen dafür zu sein, dass du das Ziel jeder Liebe bist.“
Von Mutter Teresa habe ich in dem wirklich wunderbaren Buch „Mutter Teresa: Die wunderbaren Geschichten“ von ihrem priesterlichen Begleiter Leo Maasburg gelernt, dass sie an allen möglichen und unmöglichen Orten wundertätige Medaillen „gepflanzt“ hat. Ich denke mir, wenn sie das gemacht hat – und aus ihr ist immerhin eine Heilige geworden – kann das nicht so schlecht sein. Einmal habe ich schon heimlich eine „gepflanzt“. Aber viel sie nicht auf sonderlich fruchtbaren Boden, denn ich konnte sie von meinem Rollstuhl aus nur auf das Fensterbrett legen. Und da hat sie wahrscheinlich jemand entdeckt. Zumindest war sie beim nächsten Mal nicht mehr hier. So bleibe ich weiterhin dabei, von Ferne das Haus zu „bebeten“ bis mich eines Tages ein Freund besucht, dem ich mich anvertrauen kann. Er kann es zwar nicht lassen, mich ein bisschen zu necken, aber in Wirklichkeit gefällt ihm unsere geheime Mission ja doch und er versteckt eine Medaille an einem sicheren Ort. Das Bordell ist gerade eine Baustelle. Lieber wäre es mir ja, es würde niedergerissen als restauriert. Aber vielleicht wird ja auch etwas anderes daraus gemacht? Nein, meine Hoffnung wird enttäuscht. Ein paar Tage später erstrahlt es in neuem Glanz. Aber, man höre und staune, es ist nicht mehr rot wie vorher, sondern blau. Mir fällt ein, dass ich ja Maria immer gebeten hatte, ihren schützenden Mantel darüber zu legen. Ist die blaue Farbe ein Ausdruck dafür? Ich gehe mal stark davon aus und bitte Gott inständig, dass ihre Reinheit langsam von außen nach innen sickert. Bitte betet alle fest mit!


Elfriede Demml (29), Pastoralassistentin in Graz-Christkönig/Hl. Schutzengel, August 2016
Erschienen in:
Die Tagespost, 26.11.2016

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