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Keine Utopie

Wo ist Gottes Platz in meinem Leben?


... "weil in der Herberge kein Platz für sie war" wurde Gottes Sohn in eine Krippe gelegt. So heißt es im Weihnachtsevangelium. Kein Platz. Griechisch oú tópos. Nicht Ort. Eine Utopie. Und doch findet Gott seine Plätzchen, auch in unserer Wirklichkeit.

Platz für Überraschungen

Ich denke gerade darüber
 nach, unter welchen Umständen Gott einen Platz in unserem Leben einnehmen kann und unter welchen Umständen nicht. Da ruft mir jemand zu: "Hallo Elfriede!" Eine Frau in einer schwierigen Lebenssituation  steht vor dem Gartenzaun. Soll ich ihr sagen, dass sie gerade keinen Platz in meinen Zeitplan hat, da ich darüber nachdenke, wie Gott in meinem Leben Platz haben kann? Das wäre wohl ein Widerspruch in sich, wenn ich das Evangelium ernst nehme, in dem Jesus betont, dass er uns im Nächsten begegnet. So lade ich sie ein. – Und die Fertigstellung des Artikels für das Pfarrblatt verzögert sich. Wenn ich Gott in meinem Leben Platz gebe, werden Zeitpläne des Öfteren durcheinander geworfen. So viel steht fest.
Aber zurück zum Ursprung meiner Überlegungen: Wie kommt es, dass ausgerechnet im Weihnachtsevangelium kein Platz für den Sohn Gottes ist? Betrachten wir die Geschichte genauer.

Alles unter Kontrolle

Eine angeordnete Volkszählung zur Steuererhebung wird als Grund angegeben, warum die Familie trotz der fortgeschrittenen Schwangerschaft einen beschwerlichen Weg auf sich genommen hat. Der Kaiser will alles unter Kontrolle haben. Und ich?
Gebe ich Gott Raum für seine Pläne und seine Überraschungen?

Nicht zu kurz kommen

Nüchtern und nebenbei wird im Evangelium erwähnt, dass Maria das Kind in Windeln wickelte und in eine Krippe legte, weil in der Herberge kein Platz für sie war. In unseren Hirtenspielen wird das dramatischer ausgeschmückt. Zwei arme Leute vor der Tür. Was kann man von ihnen erwarten? Da ist es besser, reiche Menschen aufzunehmen, die entsprechende Miete zahlen. Noch dazu in Zeiten wie diesen, wo so viel Nachfrage herrscht.
Komme ich zu kurz, wenn ich dich und deine Botschaft in mein Leben einlade, Gott? Oft scheinen andere Wege lukrativer und anziehender zu sein.

Platz gefunden

Und doch lässt sich Gott nicht davon abhalten, einen Platz in unserer Welt, in meiner ganz persönlichen Wirklichkeit einzunehmen. Er wird außerhalb der Stadt, ganz unscheinbar in einem Stall geboren. Und die Botschaft dringt zu den Hirten, die Wache halten. Sie bekommen eine Spezialeinladung direkt vom Himmel. Und sie eilen herbei.
Herr, lass mich wachsam sein für die Orte, wo du dich mir unscheinbar zeigst. Ich will nicht in der Hektik des Alltags untergehen, denn ich will dann, wenn es wirklich einen Grund gibt zu eilen, Kraft haben und zu dir eilen können. Amen.

 

Elfriede Demml (32), Pastoralassistentin in Graz, 31.10.2019

Erschienen im Pfarrblatt des Pfarrverbands Graz-Christkönig/Hl. Schutzengel 4/2019

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