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Wo ist die Braut?

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Die Kirche ist festlich geschmückt überall Blumen und an den Bänken hängen weiße Schleier herunter. Gestern war eine große Hochzeit, munkelt man. Doch so schön, wie es hier geschmückt ist, sieht es nicht so aus, als wäre die Hochzeit vorbei. Ich komme mir eher so vor, als wäre ich mittendrin und es drängt sich die Frage auf: Wo ist die Braut? Und wo ist der Bräutigam? Sogar das Sonntagsevangelium erzählt von einer Hochzeit und von einem sehnsüchtigen Warten (Lk 12, 32-48).
Und ich weiß, ich bin mittendrin in dieser Hochzeit. Zwei kleine Kinder, die am Gang spielen, halten mir heute, ohne dass sie es wissen, die Predigt: Das kleinere der beiden Kinder sitzt am Boden neben seinem Kinderwagen. Ein Größeres kommt darauf zu und versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Dann geht es wieder davon und das kleine Kind krabbelt hinterher. Da dreht sich das große wieder um, hockt sich nieder damit es mit dem kleinen auf Augenhöhe ist und spielt mit ihm. Dann steht das größere Kind wieder auf wandert mit aufmerksamen Augen durch die Kirche, als ob es Ausschau halten würde nach noch mehr Gefährten. Und dann kehrt es wieder zurück und das Spiel mit dem kleinen Kind geht weiter.
Eine alltägliche Szene und doch erzählt sie mir so viel von dem, was hier vor sich geht. Hier in diesem Gottesdienst und in jedem Gottesdienst sind Braut und Bräutigam vereint und die Kinder erzählen mir davon. Jesus geht auf uns zu, versucht mit uns Kontakt aufzunehmen. Manchmal fühlt es sich so an, als würde er wieder weggehen und wir suchen ihn sehnsuchtsvoll, dann setzt er sich zu uns, beginnt mit uns ein Spiel voller Liebe. Er ist einerseits ganz bei uns und gleichzeitig sind seine Augen stets suchend und schweifend unterwegs, um noch mehr zu gewinnen. Er will seine ganze Braut versammeln mit ihr in Liebe vereint sein, wie in einem ausgelassenen Spiel zweier Kinder.


Elfriede Demml, gottgeweihte Jungfrau, Sonntag 07.08.2022

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